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Die Haftung von Limited (Ltd) sowie PLC Gesellschaftern und Direktoren

Die Haftung von Limited (Ltd) sowie PLC Gesellschaftern und Direktoren

By am Mrz 28, 2015 in Irland & UK Limited, Allgemein, Unternehmensgründung nach Konkurs | 0 comments

Wer heute eine Limited betreibt, tut dies in der Regel nicht zuletzt, um im Fall von Turbulenzen nicht mit dem Privatvermögen zu haften.

Auch die Limited-Agenturen haben von Anfang an auf den Haftungsschutz bei der Limited als einen der wichtigsten Pluspunkte dieser Rechtsform hingewiesen, haben aber nicht immer die Rechtslage eindeutig erklärt oder sind auf Komplikationen nicht eingegangen.

Mit diesem Backrounder unternehmen wir den Versuch, den aktuellen Stand der Haftungsfrage objektiv zu erklären und anhand der entsprechenden Urteile auch zu belegen.

Hintergrund

Vor ein paar Jahren wurden die rein in Deutschland bzw. Österreich tätigen ausländischen Gesellschaften von Behörden und Gerichten wie Personengesellschaften behandelt und eine beschränkte Haftung war somit gänzlich ausgeschlossen.

Nach mehreren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, zuletzt im Jahre 2003, müssen auf Grund der in der gesamten Europäischen Union (EU) geltenden Niederlassungsfreiheit Gesellschaftsformen eines Mitgliedsstaates der EU von den anderen Mitgliedern auch dann anerkannt werden, wenn sie im Ausland lediglich gegründet werden, ihre eigentliche geschäftliche Tätigkeit jedoch in einem anderen Mitgliedsstaat entfalten.

Bei den Entscheidungen des EUGH und der deutschen Gerichte ging es speziell um Haftungsfragen und Insolvenz, zum Beispiel:

Die im folgenden vorgestellten Grundsätze lassen sich aus den entsprechenden Urteilen herleiten.

Am Ende dieses Backgrounders können Sie auch die diversen Urteile als PDF Dokument runterladen.

Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht

Machen Sie sich zunächst klar, dass wir es bei Haftungsfragen grundsätzlich mit zwei Bereichen des Rechts zu tun haben können. Zum einen geht es um Gesellschaftsrecht und am Rande kann es auch um Insolvenzrecht gehen.

Aspekte der Haftung fallen unter das Gesellschaftsrecht. Und für eine UK Ltd gilt das englische Gesellschaftsrecht (Companies Act) auch dann, wenn die Gesellschaft ihren Hauptsitz in Deutschland hat. Das BGH hat entschieden, dass der Ort der Gründung und nicht der Sitz der Gesellschaft relevant ist bei der Beurteilung, welches Gesellschaftsrecht anzuwenden ist.

Dies gilt auch unabhängig davon, ob die Niederlassung ins deutsche Handelsregister eingetragen ist oder nicht.

Welches Recht gilt bei der Limited Insolvenz?

Ob englisches Insolvenzrecht zum Tragen kommt oder aber das Insolvenzrecht das Sitzstaates (Deutschland, Österreich), hängt vom Mittelpunkt der geschäftlichen Interessen der Gesellschaft ab (Principal Place of Interest).

Haben Sie eine Limited mit (einziger) Zweigniederlassung in Deutschland und das ganze Geschäft findet dort statt, so kommt deutsches Insolvenzrecht zur Anwendung. Ein deutsches Gericht wird sich mit der Insolvenz befassen. Gleichzeitig kommt aber englisches Gesellschaftsrecht zum Tragen (siehe unten).

Hat die Limited ihren Hauptsitz in England, so kommt englisches Insolvenzrecht und englisches Gesellschaftsrecht zum Tragen.

BGH II ZR 5/03 Urteil zur Haftung des Geschäftsführers

Fragen der Haftung sind nicht Teil der Insolvenzgesetzgebung und somit gilt englisches Recht auch für eine in Deutschland tätige Ltd. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 14. März 2005 (II ZR 5/03) entschieden:

„Die Haftung des Geschäftsführers für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten einer gemäß Companies Act 1985 in England gegründeten private Limited Company mit tatsächlichem Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland richtet sich nach dem am Ort ihrer Gründung geltenden Recht“.

Damit hat der BHG noch einmal bestätigt, dass die Ltd haftungstechnisch nicht wie eine GbR oder gar eine GmbH anzusehen ist, sondern Haftungsfragen im Sinne des englischen Gesellschaftsrechtes geklärt werden müssen.

Haftung des Directors im englischen Gesellschaftsrecht (Companies Act)

Ein Ltd Director haftet mit dem Privatvermögen, wenn er sich grob fahrlässig oder gesetzwidrig verhält. Der Director ist ganz klar dem Gläubigerschutz verpflichtet. Werden beispielsweise Aufträge erteilt, deren Bezahlung ungewiss ist und es kommt zum Zahlungsausfall, so haftet der Director.

Das englische Recht kennt die Begriffe „wrongful trading“ und „fraudulent trading“. „Wrongful trading“ bezeichnet grobe Fahrlässigkeit, „fraudulent trading“ bezeichnet Betrug.

Der Director haftet unter Umständen auch für geschuldete Mehrwertsteuer und Sozialbeiträge.

Haftung der Gesellschafter im englischen Gesellschaftsrecht

Die Ltd Gesellschafter haften in Höhe des von ihnen eingezahlten Stammkapitals. Eine Durchgriffshaftung auf das Privatvermögen gibt es grundsätzlich nicht.

Ausnahmen hierzu bilden wiederum Fahrlässigkeit und Vorsatz. Beschäftigt ein Gesellschafter beispielsweise einen Strohmann als Director und zieht im Hintergrund die Strippen, wäre der Gesellschafter im Falle eine Falles mit dem Privatvermögen haftbar.

Dies ist übrigens im deutschen GmbH Recht nicht anders. Dort haften die Gesellschafter nur in der Gründungsphase und bis ein Geschäftsführer bestellt ist.

Wenn Sie im Internet Berichte zur Gesellschafterhaftung bei der Limited finden, ist Vorsicht geboten. Schauen Sie sich diesen Artikel aus dem Handelsblatt vom 16.06.2003 an. Da kann einem schon mulmig werden:

Gesellschafterhaftung bei der Limited

Artikel aus dem Handelsblatt vom 12.06.2003 mit sensationshungrig formulierten Titel

Fakt ist, dass es bei diesem Urteil um kriminelle Machenschaften ging. Hier haben die Gesellschafter mit krimineller Energie ein Konstrukt zur Schädigung der Gläubiger geschaffen. Natürlich haften in diesem Fall die Gesellschafter mit dem Privatvermögen – das wäre bei einer deutschen GmbH nicht anders!

Die Krux mit § 64 des GmbH-Gesetzbuches

Laut obigem Paragraphen gilt für einen GmbH-Geschäftsführer die Insolvenzantragsfrist des § 64 GmbHG von 3 Wochen. Ein vergleichbares Gesetz gibt es in England nicht. Die Frage stellt sich nun, ob auch ein Ltd Director für eine nur in Deutschland tätige Ltd innerhalb von drei Wochen den Insolvenzantrag abgeben muss.

Wie oben bereits angedeutet, gilt laut BGH das deutsche Gesellschaftsrecht nicht für eine Ltd, es gilt englisches Recht. Nur im Falle einer Insolvenz wäre deutsches Insolvenzrecht anzuwenden. Unter Experten ist umstritten, ob der § 64 Teil des Gesellschaftsrechts oder Insolvenzrechts ist. Es zeichnet sicher aber ab, dass letzteres der Fall ist.

Es gab in den letzten Jahren immer wieder Urteile, bei denen Richter entsprechend entschieden haben. Daher raten wir im Zweifelsfall dringend dazu, die Insolvenzantragsfrist des § 64 GmbHG von 3 Wochen einzuhalten.

Verlust der Insolvenzfähigkeit einer Limited

Mit der Löschung einer Private Limited Company aus dem englischen Gesellschaftsregister hört die Gesellschaft nach britischem Recht auf zu existieren.

Ist eine Gesellschaft nach dem für sie maßgeblichen Recht des Gründungsstaats erloschen, so ist dieser Status innerhalb der EU rechtlich verbindlich.

Wer also im Namen einer nicht existierenden Gesellschaft ausländischen Rechts handelt oder handeln lässt, haftet persönlich nach den allgemeinen Regeln des deutschen Zivilrechts.

Dies kann vor allem dann relevant sein, wenn Sie Fristen in England verpassen und die Gesellschaft von Companies House gelöscht wird.

Hier die Urteile runterladen

Im folgenden können Sie die wichtigsten Urteile deutscher Gerichte und des EUGH herunterladen.

Und nochmals: Wenn Sie Presseberichte zu Ltd Urteilen oder vermeintliche „Fakten“ im Internet zur Haftung bei der Ltd lesen, sind diese oft reißerisch aufgemacht und stellen Sachverhalte verdreht oder überzogen dar. Viele sind schlicht auch schon veraltet. Stellen Sie sicher, dass Sie die neuesten Urteile kennen und lassen Sie nicht beunruhigen, aber auch nicht etwas vormachen.

Urteil Centros 09.03.1999 des Europäischen Gerichtshofes

Überseering Urteil vom 05.11.2002 Urteil des Europäischen Gerichtshofes

Freier Dienstleistungsverkehr – Richtlinie 64/427/EWG vom 11.12.2003 des Bundesgerichtshofs Deutschland

BGH VII ZR 370/98 vom 13.03.2003 des Bundesgerichtshofes Deutschland

Keine Durchgriffshaftung bei der Limited vom 27.01.2006 Oberlandesgericht Hamm

Eintragung einer Zweigniederlassung vom 09.03.2006 LG Mühlhausen

Persönliche Haftung des Alleingesellschafters u. Directors vom 20.04.2006 Urteil LG Kiel 10 S 44/05

Eintragung der Limited bei der Gründung einer Limited & Co. KG vom 15.10.2007 Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Kollisionsrecht und Gesellschaftsrecht nach der EuGH-Entscheidung „Inspire Art“ von Prof. Dr. Erich Schanze LL.M. (Harv.) / Wiss. Mit. Andreas Jüttner, Marburg

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