Alles Wissenswerte über Auslandsfirmen

FG Baden-Württemberg: Umstrittener Beginn der Festsetzungsfrist bei Antragsveranlagungen

By am Apr 25, 2011 in Steuerrecht | 0 comments

FG Baden-Württemberg Urteil vom 28.02.2011 – 10 K 3092/08

Presseerklärung des Gerichts:

“Der 10. Senat hat mit Urteil vom 28. Februar 2011 entschieden, dass auch für Antragsveranlagungen die dreijährige Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und damit im Ergebnis eine siebenjährige Festsetzungsfrist gilt.

Die Klägerin erzielte ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und war nur auf ihren Antrag hin zu veranlagen. Im Januar 2008 reichte sie ihre Einkommensteuererklärung für 2003 ein. Das Finanzamt lehnte eine Veranlagung der Klägerin mit dem Hinweis auf die inzwischen verstrichene vierjährige Verjährungsfrist (sog. Festsetzungsverjährung) ab. Die Regelung der Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO), nach der die Festsetzungsfrist spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs nach der Steuerentstehung beginnt, war nach Ansicht des Finanzamts nicht auf Antragsveranlagungen anzuwenden. Der dagegen erhobenen Klage gab der 10. Senat des Finanzgerichts statt. Nach Ansicht der Richter endet die Festsetzungsfrist für Antragsveranlagungen 2003 erst am 31. Dezember 2010. Das Gericht verpflichtete daher das Finanzamt, die im Jahr 2008 eingereichte Steuererklärung noch zu veranlagen.

Der 10. Senat legt die Vorschrift des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO verfassungskonform dahingehend aus, dass auch für Antragsveranlagungen die vierjährige Festsetzungsfrist erst nach Ablauf von drei Jahren zu laufen beginnt, wenn nicht schon vorher eine Steuererklärung abgegeben wurde. Andernfalls käme es zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen, die verpflichtet seien, eine Steuererklärung abzugeben, und solchen, die nur auf ihren Antrag hin veranlagt werden.

Der 10. Senat hat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist unter dem Az. VI R 16/11 beim Bundesfinanzhof anhängig.

Demgegenüber hat der 4. Senat des Finanzgerichts letztes Jahr mit Urteil vom 4. Mai 2010 (Az.: 4 K 478/10) eine entsprechende Klage auf Durchführung einer Antragsveranlagung mit der Begründung abgewiesen, die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO greife bei Antragsveranlagungen nicht. Nach Ansicht des 4. Senats gilt hier nur eine vierjährige Festsetzungsfrist mit der Folge, dass Antragsveranlagungen für 2003 nach dem 31. Dezember 2007 festsetzungsverjährt sind und danach vom Finanzamt nicht mehr durchgeführt werden dürfen. Es gebe hinreichende sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Pflicht- und Antragsveranlagung, die keine verfassungskonforme Auslegung erlaubten.

Auch der 4. Senat hat in seinem abweisenden Urteil die Revision zugelassen. Die beim Bundesfinanzhof eingelegte Revision wird dort unter dem Az.: VI R 53/10 geführt.”

FG Baden-Württemberg

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert