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Sozialversicherungspflicht für die hier tätige US-Inc.

By am Mai 16, 2011 in Allgemein | 0 comments

Unterliegen die in Deutschland tätigen Mitglieder des “Board of Directors” einer nach dem Recht des US-Staats Deleware gegründeten Inc. der deutschen Sozialversicherungspflicht? Das Bundessozialgericht jedenfalls verneint dies – anders als bei den Vorstandsmitgliedern einer deutschen Aktiengesellschaft – nicht generell:

Maßgebend für die Beurteilung, ob die Directors der Versicherungspflicht unterliegen, ist das deutsche Sozialversicherungsrecht. Es kommt zur Anwendung, wenn der Beschäftigungsort der Directors in Deutschland liegt und keine Entsendung vorliegt (vgl. Teil I Art. 6 des Sozialversicherungsabkommens1; § 6 SGB IV)).

Die Directors in dem hier vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall sind bzw waren in ihrer für die Inc. ausgeübten Tätigkeit als Mitglied des Board of Directors in Deutschland abhängig beschäftigt und deshalb in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Sie sind nicht wie ein Mitglied des Vorstandes einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts ausnahmsweise von der Versicherungspflicht ausgenommen. Auch unter Berücksichtigung der Vorschriften des Freundschaftsvertrags vom 29. Oktober 19542 haben die Kläger keinen Anspruch auf Gleichstellung mit einem Vorstandsmitglied einer deutschen Aktiengesellschaft.

In der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 SGB VI), ebenso unterliegen sie seit dem 1.01.1998 der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) und zuvor der dortigen Beitragspflicht (§ 168 Abs 1 Satz 1 AFG). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Im hier entschiedenen Fall stehen bzw. standen die Directors in ihrer Tätigkeit für die Inc. als Mitglieder des Board of Directors in einem Beschäftigungsverhältnis. Diese Würdigung des Sachverhalts entspricht im Ergebnis der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerilchts, wonach Vorstandsmitglieder einer deutschen Aktiengesellschaft regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen3. Anhaltspunkte dafür, dass für die beiden Directors als Mitglieder eines Organs einer ausländischen Kapitalgesellschaft etwas anderes gelten müsste, ergeben sich nach den getroffenen Feststellungen nicht.

Von der danach bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung sind bzw waren die beiden Directors im entschiedenen FAll auch nicht aufgrund ihrer Stellung als Mitglieder des Board of Directors der Delaware-Inc. ausgenommen, wie dies durch § 1 Satz 4 SGB VI sowie § 168 Abs 6 Satz 1 AFG bzw § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III für Vorstandsmitglieder einer deutschen Aktiengesellschaft angeordnet wird. Diese Ausnahmebestimmungen sind auf die Directors einer Delaware-Inc. weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

Nach § 1 Satz 4 SGB VI in den bis zum 31. Dezember 2003 und ab 1. Januar 2004 geltenden Fassungen, die hier beide anzuwenden sind, sind Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft nicht versicherungspflichtig bzw. in dem Unternehmen, dem sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt4. Bis zur Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in das AFG zum 1. Januar 1993 ist das Bundessozialgericht davon ausgegangen, die damals bereits geltenden Regelungen des Rentenversicherungsrechts über Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften enthielten einen Grundsatz, der auch für die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung zu beachten sei5. Zwischenzeitlich bestimmte § 168 Abs 6 Satz 1 AFG6 und nunmehr bestimmt § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III in der seit dem 1. Januar 1998 geltenden, ebenfalls anwendbaren Fassung, ausdrücklich, dass Mitglieder des Vorstandes einer AG in Beschäftigungen für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht beitragspflichtig sind bzw für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, in dieser Beschäftigung versicherungsfrei sind7.

Die Directors als Mitglieder des Leitungsorgans einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware/USA erfüllen in unmittelbarer Anwendung den Tatbestand der genannten Vorschriften nicht. Darüber hinaus sind diese Vorschriften auf die Directors einer Delaware-Inc. Kläger auch nicht entsprechend anzuwenden. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist eine Tatbestandsgleichstellung im Wege richterlicher Rechtsfortbildung und eine “Substitution” der Tatbestandserfüllung unter Berufung auf eine tatsächliche Vergleichbarkeit von Gesellschaftsformen nicht zulässig, weil § 1 Satz 4 SGB VI und § 168 Abs 6 Satz 1 AFG bzw § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III nach ihrem Regelungszweck und im Hinblick auf die dort gewählte Regelungsmethode der Typisierung eine Erstreckung auf Sachverhalte wie den vorliegenden zur Schließung einer Regelungslücke nicht erfordern. Vielmehr hat das Bundessozialgericht in der Vergangenheit eine Erstreckung dieser Ausnahmen von der Versicherungspflicht auf Vorstandsmitglieder oder Mitglieder vergleichbarer Organe anderer juristischer Personen nur aufgrund einer gesetzlichen Tatbestandsgleichstellung in Form einer sog Äquivalenzregelung für möglich erachtet8.

Eine einschlägige gesetzliche Äquivalenzregelung, deren es für eine solche Tatbestandsgleichstellung zugunsten der Directors einer Delaware-Inc. bedürfte, enthält weder das deutsche Sozialrecht noch das einschlägige, unmittelbar zu beachtende internationale Recht, insbesondere nicht das Sozialversicherungsabkommen vom 7. Januar 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika, die Vereinbarung vom 21. Juni 1978 zur Durchführung dieses Abkommens9 – gemäß Bekanntmachung vom 19. Novewmber 197910 zusammen mit dem Abkommen in Kraft getreten am 1. Dezember 1979 – sowie die zur Vereinbarung vom 21. Juni 1978 geschlossenen Zusatzvereinbarungen vom 2. Oktober 198611 und vom 6. März 199512.

Schließlich kann eine tatbestandliche Gleichstellung bei der Anwendung der Ausnahmeregelungen des § 1 Satz 4 SGB VI und des § 168 Abs 6 Satz 1 AFG sowie des § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III auch nicht mit Erfolg aus den Vorschriften des Freundschaftsvertrags vom 29. Oktober 195413 hergeleitet werden.

Im Freundschaftsvertrag ist weder eine ausdrückliche tatbestandliche Gleichstellung einer US-Kapitalgesellschaft oder der Mitglieder ihres Board of Directors mit einer deutschen Aktiengesellschaft bzw deren Vorstandsmitgliedern vereinbart noch lässt sich die im Freundschaftsvertrag vereinbarte Inländerbehandlung und Meistbegünstigung im Sinne einer einschlägigen Äquivalenzregelung interpretieren oder gibt die Definition des Begriffs “Gesellschaften” in Art. XXV Abs 5 des Vertrags zu einer solchen Auslegung Anlass. Eine solche Verpflichtung zur Gleichstellung folgt auch nicht aus den bereichsspezifischen Gewährleistungen einer Inländerbehandlung nach Art. IV und Art. VII des Freundschaftsvertrags. Insbesondere unterscheidet sich die in Art. VII des Freundschaftsvertrags vereinbarte niederlassungsrechtliche Inländerbehandlung von der Niederlassungsfreiheit gemäß Artt. 49, 54 AEUV (früher Artt. 43, 48 EG), so dass sich die gegenteiligen Ansicht auch nicht mit Erfolg auf die vom Bundessozialgericht aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gezogenen Schlussfolgerungen14 berufen kann. Schließlich kann eine solche Gleichstellung auch nicht aufgrund der in Art. VII Abs 4 des Freundschaftsvertrags vereinbarten Meistbegünstigung verlangt werden.

Der Freundschaftsvertrag wurde von der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika – ausweislich der Präambel – von dem Wunsch geleitet geschlossen, die zwischen beiden Staaten bestehenden Bande der Freundschaft zu festigen und engere wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zwischen den beiden Völkern zu fördern, sowie in der Überzeugung, dass diesen Zielen Vereinbarungen dienen, durch welche zu beiderseitigem Nutzen der Handel zwischen den beiden Ländern gefördert wird und Kapitalanlagen angeregt werden sowie gegenseitige Rechte und Vergünstigungen begründet werden. Der Vertrag beruht im Allgemeinen auf den Grundsätzen der gegenseitig gewährten Inländerbehandlung und unbedingten Meistbegünstigung. Nach Art. XXV Abs 1 des Freundschaftsvertrags bedeutet der Ausdruck “Inländerbehandlung” die innerhalb des Gebiets eines Vertragsteils gewährte Behandlung, die nicht weniger günstig ist als diejenige, die dort unter gleichartigen Voraussetzungen den Staatsangehörigen, Gesellschaften, Erzeugnissen, Schiffen und sonstigen Objekten jeglicher Art. dieses Vertragsteils gewährt wird. Der Ausdruck “Meistbegünstigung” bedeutet nach Art. XXV Abs 4 die innerhalb des Gebiets eines Vertragsteils gewährte Behandlung, die nicht weniger günstig ist als diejenige, die dort unter gleichartigen Voraussetzungen den Staatsangehörigen, Gesellschaften, Erzeugnissen, Schiffen und sonstigen Objekten jeglicher Art. irgendeines dritten Landes gewährt wird. Allerdings enthält der Freundschaftsvertrag entgegen der durch die Rüge einer Verletzung der Präambel i.V.m. Art. XXV des Freundschaftsvertrags nahegelegten Auslegung keine allgemeine Pflicht zur Inländerbehandlung und Meistbegünstigung, sondern nur eine Anzahl bereichsspezifischer Gewährleistungen entsprechenden Inhalts, die ihrerseits ua nach Bereichsgegenstand, Rechtsträgerschaft, Gewährleistungszweck und -umfang in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt sind15. Diese bereichsspezifischen Gewährleistungen betreffen unter anderem die Anwendung von Gesetzen und Vorschriften über den Unfallversicherungsschutz und bestimmte andere soziale Sicherungen (Art. IV)), den Schutz von Eigentum (Art. V), den Zugang zu Gerichten und Amtsstellen (Art. VI), die Ausübung geschäftlicher und beruflicher Tätigkeiten (Art. VII) sowie den Erwerb und den Schutz von beweglichem und unbeweglichem Vermögen (Art. IX).

Die Auslegung des in der Bundesrepublik Deutschland im Range einfachen Bundesrechts geltenden Freundschaftsvertrags hat auch zur Ermittlung der Rechtsstellung Privater mit Rücksicht auf den völkerrechtlichen Ursprung der Bestimmungen nach den in Art. 31 ff. WVK16 niedergelegten Grundsätzen zu erfolgen17. Die Wiener Vertragsrechtskonvention ist für die Bundesrepublik Deutschland seit dem 20. August 1987 in Kraft18, jedoch können ihre Auslegungsgrundsätze als Ausdruck allgemeiner Regeln des Völkerrechts auch auf solche Verträge angewendet werden, die bereits vor ihrem Inkrafttreten geschlossen worden sind19. Nach Art. 31 WVK ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen. Danach ist entsprechend der Struktur des Freundschaftsvertrags jeweils bereichsspezifisch zu prüfen, welchen Inhalt die einzelnen Gewährleistungen haben und ob diese im Sinne einer im vorliegenden Kontext notwendigen Äquivalenzregelung auszulegen sind.

Eine Vereinbarung, die eine für den vorliegenden Rechtsstreit relevante ausdrückliche tatbestandliche Gleichstellung einer US-Kapitalgesellschaft oder der Mitglieder ihres Board of Directors mit einer deutschen Aktiengesellschaft bzw deren Vorständen allgemein oder im Sozialrecht anordnet, enthält der Freundschaftsvertrag nicht. Die in Art. XXV Abs 5 Satz 1 des Freundschaftsvertrags enthaltene Definition des in verschiedenen Artikeln des Vertrags verwendeten Begriffs der “Gesellschaften”, der Handelsgesellschaften, Teilhaberschaften sowie sonstige Gesellschaften, Vereinigungen und juristische Personen umfasst, ordnet keine Gleichstellung von Gesellschaften des jeweils anderen Vertragspartners nach ihrer Rechtsform an. Auch enthält Satz 2 dieser Vorschrift keine tatbestandliche Gleichstellung. Vielmehr gelten danach Gesellschaften, die gemäß den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des einen Vertragsteils in dessen Gebiet errichtet sind, als Gesellschaften dieses Vertragsteils und ihr rechtlicher Status wird im Gebiet des anderen Vertragsteils anerkannt. Mithin werden sie gerade nicht Gesellschaftsformen des jeweils anderen Vertragsteils gleichgestellt, sondern werden sie lediglich unter Erhaltung ihres Gründungsstatuts anerkannt.

Die Revision kann sich auch nicht auf die spezielle Vereinbarung der Inländerbehandlung für den Bereich der Sozialversicherung in Art. IV des Freundschaftsvertrags berufen. So wird in Art. IV Abs 1 des Freundschaftsvertrags Inländerbehandlung bei Anwendung der Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten auf dem Gebiet der Unfallversicherung sowie in Abs 2 bezüglich der Rechtsvorschriften, die in den Zweigen der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung Leistungen ohne Bedürftigkeitsprüfung vorsehen, gewährt. Jedoch gilt diese Gewährleistung nur zugunsten der Staatsangehörigen20 des jeweils anderen Vertragsteils, erfasst also ausschließlich natürliche Personen, wozu die Klägerin zu 1. als juristische Person nicht gehört. Gleichzeitig ist Art. IV des Freundschaftsvertrags auf die Kläger zu 2. und 3. deshalb nicht anwendbar, weil diese nicht die Staatsangehörigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika besitzen.

Aus demselben Grunde können sich die Directors der Delaware-Inc. auch nicht auf die in Art. VII des Freundschaftsvertrags enthaltenen Gewährleistungen berufen. Demgegenüber ist zugunsten der Delaware-Inc. zwar der persönliche Anwendungsbereich des Art. VII des Freundschaftsvertrags eröffnet, jedoch umfasst dessen sachlicher Anwendungsbereich keinen Anspruch auf Gleichstellung der Mitglieder des Board of Directors einer US-Kapitalgesellschaft mit den Vorstandsmitgliedern einer deutschen Aktiengesellschaft im Hinblick auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Nach Art. VII Abs 1 Satz 1 bis 3 des Freundschaftsvertrags wird den Staatsangehörigen und Gesellschaften jedes Vertragsteils in dem Gebiet des anderen Vertragsteils Inländerbehandlung hinsichtlich der Ausübung jeder Art. von geschäftlicher, industrieller, finanzieller oder sonstiger gegen Entgelt vorgenommener Tätigkeit gewährt. Dabei ist es unerheblich, ob sie diese selbstständig oder unselbstständig und ob sie sie unmittelbar oder durch einen Vertreter oder durch juristische Personen jeder Art ausüben. Dementsprechend dürfen diese Staatsangehörigen und Gesellschaften innerhalb des genannten Gebiets

  • Zweigstellen, Vertretungen, Büros, Fabriken und andere zur Führung ihrer Geschäfte geeignete Betriebe errichten und unterhalten,
  • nach dem Gesellschaftsrecht des anderen Vertragsteils Gesellschaften gründen und Mehrheitsbeteiligungen an Gesellschaften des anderen Vertragsteils erwerben,
  • von ihnen errichtete oder erworbene Unternehmen kontrollieren und leiten.

Inhalt der danach sowohl den Staatsangehörigen als auch den Gesellschaften jedes Vertragsteils gewährleisteten niederlassungsrechtlichen Inländerbehandlung ist zunächst ein Verbot innerstaatlicher Vorschriften und sonstiger Maßnahmen eines Staates, die ausdrücklich zwischen inländischen Gesellschaften und Gesellschaften des anderen Vertragsteils unterscheiden und letzteren weniger Rechte gewähren. Vereinbart ist aber nicht nur formelle Gleichbehandlung, d.h. ein Verbot der Anknüpfung unterschiedlicher Rechtsfolgen an das Tatbestandsmerkmal “Ausländereigenschaft”, sondern auch materielle Gleichbehandlung, d.h. ein Verbot faktischer Diskriminierung dadurch, dass bestimmte, scheinbar neutral anknüpfende Tatbestände nur in der Person von Inländern verwirklicht werden können21.

Diese vereinbarte materielle Gleichbehandlung ist betroffen, soweit die Vorschriften des § 1 Satz 4 SGB VI, des § 168 Abs 6 Satz 1 AFG sowie des § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III für die Versicherungsfreiheit an die Mitgliedschaft im Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft anknüpfen. Allerdings braucht das Bundessozialgericht nicht zu entscheiden, ob die Anordnung von Versicherungspflicht für Mitglieder des Board of Directors einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware im Sinne des Art. XXV Abs 1 des Freundschaftsvertrags eine weniger günstige Behandlung darstellt, als sie unter gleichen Umständen deutschen Gesellschaften gewährt wird. Denn die vereinbarte Inländerbehandlung nach Art. VII des Freundschaftsvertrags erstreckt sich jedenfalls nicht auf eine Gleichbehandlung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts. Dies ergibt eine Auslegung des Freundschaftsvertrags anhand der oben benannten Kriterien.

So sprechen schon Wortlaut und Regelungszusammenhang des Art. VII des Freundschaftsvertrags gegen die Annahme, dass dieser eine unbeschränkte Gleichbehandlung bei Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Gebiet des jeweils anderen Vertragsstaats gewähren soll. Schon Art. VII Abs 2 des Freundschaftsvertrags enthält einen Vorbehalt zugunsten der Beschränkung der Errichtung oder des Betriebs von Unternehmen durch Ausländer oder der Beteiligung von Ausländern an Unternehmen in bestimmten wichtigen Industriebereichen. Auch lässt Abs 3 besondere Formalitäten für die Errichtung eines von Ausländern kontrollierten Unternehmens zu. Weitere Einschränkungen finden sich in den Bestimmungen der Ziffern 8 bis 10 des Protokolls zum Freundschaftsvertrag, das als dessen Bestandteil gilt. Sie betreffen das Erfordernis von Arbeitsgenehmigungen und die Ausübung von staatlich lizenzierten Berufen, die Staatsangehörigen des jeweiligen Gebiets vorbehalten werden darf, den Vorbehalt allgemeiner Anforderungen für die Ausübung eines Gewerbebetriebes durch Staatsangehörige und Gesellschaften des anderen Vertragsteils und schließlich das Recht jedes Vertragsteils, besondere Vorschriften für ausländische Versicherungsgesellschaften anzuwenden, um das Maß an Verantwortlichkeit und Solvenz sicherzustellen, das von gleichartigen einheimischen Gesellschaften verlangt wird.

Entscheidend ist jedoch, dass Art. VII des Freundschaftsvertrags Inländerbehandlung hinsichtlich der Ausübung jeder Art. von geschäftlicher, industrieller, finanzieller oder sonstiger gegen Entgelt vorgenommener Tätigkeit nicht umfassend, sondern nur hinsichtlich der in Art. VII und den diesbezüglichen Bestimmungen des Protokolls genannten Gegenstände im jeweils festgelegten Umfang gewährt. Zwar ist der Revision zuzugestehen, dass auch der Zugang zu sozialen Sicherungssystemen und die uU hieran anknüpfenden Beitragspflichten zu den Rahmenbedingungen der in Art. VII Abs 1 Satz 1 des Freundschaftsvertrags umschriebenen wirtschaftlichen Tätigkeiten gehören. Dies gilt jedoch in derselben Weise auch für reise- und aufenthaltsrechtliche Bestimmungen, den Erwerb und Schutz von Eigentum, Wohnung und Gewerberäumen, den Zugang zu Gerichten und Behörden, Erb- und Insolvenzrecht, Urheber- und Patentrecht, Steuer- und Zollrecht und andere Gegenstände mehr, die im Rahmen des Freundschaftsvertrags in verschiedenen Artikeln außerhalb von Art. VII jeweils spezifische und in verschiedener Hinsicht differenzierte Regelungen erfahren haben, ohne dass sich aus Wortlaut oder Regelungszusammenhang des Freundschaftsvertrags Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Gewährleistungen des Art. VII denen anderer Artikel übergeordnet wären oder diese über deren Wortlaut und Zusammenhang hinaus erweitern sollten. Die sich hierin ausdrückende sektorale Regelungstechnik des Freundschaftsvertrags zwingt daher zu einer engen Auslegung des sachlichen Anwendungsbereichs des Art. VII unter Ausschluss von Gegenständen, die in anderen Artikeln des Freundschaftsvertrags eine bereichsspezifische Regelung erfahren haben und im Wortlaut des Art. VII keine ausdrückliche Erwähnung finden. Deshalb fallen Angelegenheiten der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht in den Anwendungsbereich des Art. VII, denn diese sind bereits Gegenstand des Art. IV Abs 2 des Freundschaftsvertrags, der ausdrücklich die Anwendung von Gesetzen und sonstigen Vorschriften über Soziale Sicherheit, die ua Leistungen bei Alter, Invalidität oder Berufsunfähigkeit sowie bei Arbeitslosigkeit gewähren, regelt.

Einer solchen Auslegung stehen auch die in der Präambel umschriebenen Ziele des Freundschaftsvertrags nicht entgegen. Danach soll dieser die freundschaftlichen Bande zwischen den Völkern der Vertragsstaaten festigen und engere wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen fördern, wozu durch entsprechende Vereinbarungen insbesondere der Handel zwischen den beiden Ländern gefördert und Kapitalanlagen angeregt werden sollen. Dem kann jedoch nicht das Ziel einer vollständigen und unbeschränkten Handels- und Kapitalanlagefreiheit entnommen werden, die die Unterwerfung von Gesellschaften des anderen Vertragsteils und deren Angestellten insbesondere unter sozialrechtliche Versicherungs- und Beitragspflichten ausschlösse. Vielmehr stünde eine solche Interpretation des Vertragsziels im Widerspruch zu den tatsächlich vereinbarten, in vielerlei Hinsicht beschränkten bereichsspezifischen Gewährleistungen, die gerade mit Art. IV des Freundschaftsvertrags auch den Zugang zu bestimmten sozialen Sicherungssystemen einschließen.

Insbesondere kann sich für eine Gleichstellung der Directors einer Delaware-Inc. mit Vorstandsmitgliedern einer deutschen Aktiengesellschaft nicht auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union (EU) und die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hieraus gezogenen Schlüsse gestützt werden, da diese Rechtsprechung nicht auf die niederlassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. VII des Freundschaftsvertrags übertragbar ist.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in der Rechtssache “Segers”22 zu den früheren Art. 52 und 58 EWG-Vertrag, die den jetzigen Art. 49 und 54 AEUV (zuvor Art. 43 und 48 EG) entsprechen, entschieden hat, dass es eine Verletzung der nach diesen Vorschriften gewährleisteten Niederlassungsfreiheit ist, wenn der in den Niederlanden beschäftigte Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht, die allein und ausschließlich in den Niederlanden tätig ist, in Bezug auf seine Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung in den Niederlanden anders behandelt wird als der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach niederländischem Recht. Er hat dies damit begründet, dass das Erfordernis, eine nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft den inländischen Gesellschaften gleichzustellen, das Recht des Personals dieser Gesellschaft auf Anschluss an ein bestimmtes System der sozialen Sicherheit impliziere. Eine Diskriminierung des Personals in Bezug auf den sozialen Schutz schränke die Freiheit der Gesellschaften eines anderen Mitgliedstaates, sich niederzulassen, mittelbar ein.

Dem Urteil des EuGH in der Rechtssache “Segers” hat das Bundessozialgericht das Gebot entnommen, dass die Beschäftigten aller mitgliedstaatlichen Kapitalgesellschaften in Bezug auf die Versicherungspflicht oder auch Versicherungsfreiheit grundsätzlich gleich behandelt werden müssen, woraus jedoch nicht folge, dass alle Organmitglieder nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeter, gemeinschaftsangehöriger Gesellschaften, die in Deutschland ihren Beschäftigungsort haben, gleichermaßen wie Mitglieder des Vorstandes einer deutschen Aktiengesellschaft in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei sind. Er hat ausgeführt, dass auch im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit (gemäß Art. 43, Art. 48 EG, nunmehr Art. 49 und 54 AEUV) nur Organmitglieder solcher mitgliedstaatlicher Kapitalgesellschaften von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung freigestellt sind, die einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar sind23.

Vorliegend kommt es damit auf die Frage, ob die Delaware-Inc. mit einer deutschen Aktiengesellschaft im Sinne des Urteils des Bundessozialgerichts vom 27. Februar 200824 vergleichbar ist, nicht an, weil es bereits an einer Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall fehlt. Dem stehen der unterschiedliche Gewährleistungsumfang der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit und der in Art. VII des Freundschaftsvertrags enthaltenen niederlassungsrechtlichen Gewährleistungen sowie insbesondere die unterschiedliche Zielsetzung der jeweiligen Vertragswerke entgegen.

So bezieht sich die zitierte Rechtsprechung des EuGH auf die Bestimmungen über die im Gemeinschaftsrecht eröffnete Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV (früher Art. 43 EG), der im Hinblick auf die grenzüberschreitende Niederlassung von Unionsbürgern ein unmittelbar anwendbares subjektives Recht auf Freiheit von Beschränkungen begründet und dessen personeller Anwendungsbereich durch Art. 54 AEUV (früher Art. 48 EG) über Unionsbürger hinaus auf nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründete, gemeinschaftsangehörige Gesellschaften erweitert wird. Bereits im Wortlaut unterscheidet sich Art. VII des Freundschaftsvertrags von Art. 49 AEUV, der noch vor dem Verbot der Beschränkung der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften sowie der Erstreckung der Niederlassungsfreiheit auf die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen vor allem ein ausdrückliches Verbot der Beschränkung der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates enthält und ein entsprechendes Recht auf Niederlassung vermittelt, was in der Überschrift der Bestimmung inhaltlich zum Ausdruck kommt. Demgegenüber findet sich in Art. VII des Freundschaftsvertrags weder der Begriff der (freien) Niederlassung noch die Bezeichnung eines entsprechenden Rechts. Vielmehr gewährt Art. VII Abs 1 des Freundschaftsvertrags den Staatsangehörigen und Gesellschaften jedes Vertragsteils in dem Gebiet des anderen Vertragsteils “Inländerbehandlung” für die Ausübung jeder Art. von gegen Entgelt vorgenommener Tätigkeit. Anders als die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV ist die “Inländerbehandlung” nach der Definition des Art. XXV Abs 1 des Freundschaftsvertrags bereits begrifflich auf ein Gleichbehandlungsgebot beschränkt, das als solches – wie oben bereits ausgeführt – nach der Systematik des Vertrages nicht umfassend, sondern nur für einzelne Rechtsbereiche und unter verschiedenen Vorbehalten vereinbart ist. Soweit daneben Art. II Abs 1 des Freundschaftsvertrags für das Gebiet des jeweils anderen Vertragsteils ein Recht zum Betreten, zum Bereisen und zur Wohnsitznahme auch zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken gewährt, steht dieses nur Staatsangehörigen eines Vertragsteils – also, wie oben dargelegt, nicht den Klägern – zu und zudem unter dem Vorbehalt der Maßgabe der (allgemeinen) Gesetze über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern.

Gleichzeitig fußt die Auslegung der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit durch den Europäischen Gerichtshof in der Rechtssache “Segers”25 auf den Zielen der Europäischen Union, wie sie nunmehr in Art. 2 EU-Vertrag definiert sind. Dementsprechend hat der EuGH in verschiedenem Zusammenhang betont, dass der (EWG-)Vertrag mit der Errichtung eines gemeinsamen Marktes und der schrittweisen Annäherung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten auf den Zusammenschluss der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt abzielt, der die Merkmale eines Binnenmarktes aufweist26, mit dem alle Hindernisse beseitigt werden sollen, um einen Raum vollständiger Freizügigkeit entsprechend einem nationalen Markt zu schaffen, der unter anderem die Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit umfasst27. Hinter diesen Zielen bleibt der Freundschaftsvertrag zurück, der seiner Präambel zufolge zwar die zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika bestehenden Bande der Freundschaft festigen und engere wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zwischen den beiden Völkern fördern und hierzu insbesondere den Handel zwischen den beiden Ländern und Kapitalanlagen anregen soll, jedoch weder in diesen Formulierungen noch nach dem Inhalt der konkreten Regelungen den Willen zu einer so weit gehenden wirtschaftlichen und politischen Integration erkennen lässt, wie sie Ziel der EU ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Übertragung der zur gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit entwickelten Rechtsprechung des EuGH und des Bundessozialgerichts auf den Freundschaftsvertrag nicht gerechtfertigt28.

Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs29 und des Bundesfinanzhofs30. Zwar findet sich im zitierten Urteil des Bundesgerichtshof tatsächlich die Feststellung “Insofern gilt hier ähnliches wie im Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 und 48 EG”31, doch zeigt die Wendung “Insofern gilt hier ähnliches…” schon sprachlich an, dass keine uneingeschränkte Gleichsetzung der im Freundschaftsvertrag vereinbarten niederlassungsrechtlichen Gewährleistungen und der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit vorgenommen wird, sondern lediglich ein erläuternder Hinweis auf eine vergleichbare Regelung auf anderem Rechtsgebiet erfolgt. Zudem bezieht sich diese Aussage im gesellschaftsrechtlichen Kontext auf den jeweiligen kollisionsrechtlichen Gehalt der Niederlassungsfreiheit nach EG-Vertrag und Freundschaftsvertrag (hier: Art. XXV Abs 5 Satz 2 i.V.m. Art. VII Freundschaftsvertrag32), wonach “die in einem Vertragsstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft … in einem anderen Vertragsstaat – unabhängig von dem Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes – in der Rechtsform anzuerkennen” ist, “in der sie gegründet wurde”. Ihr kann daher ohnehin nicht entnommen werden, dass etwa in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine Gleichstellung geboten sei.

Auch der Entscheidung des Bundesfinanzhofs33 kann kein auf das Sozialversicherungsrecht ausstrahlender Inhalt entnommen werden. Diese Entscheidung hat Fragen nach der Reichweite des Diskriminierungsverbots des Art. 24 Abs 4 DBA-USA 198934 zum Gegenstand. Der Bundesfinanzhof führt im Ergebnis aus, Art. 24 Abs 4 DBA-USA 1989 verbiete Besteuerungsnachteile inländischer Tochterunternehmen von US-amerikanischen Unternehmen auch gegenüber den Rechten, wie sie sich aus der “Überseering”-Entscheidung des EuGH35 für Unternehmen innerhalb der Europäischen Union ergäben und untersage daher ein Anknüpfen an den statuarischen Sitz einer Gesellschaft in sog Zuzugsfällen. Sofern der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang ein absolut wirkendes Diskriminierungsverbot postuliert, bezieht er dies ausschließlich auf Art. 24 Abs 4 DBA-USA 1989 und nicht auf den von ihm zur Ergänzung seiner eine Unterscheidung nach der Ansässigkeit zuziehender amerikanischer Unternehmen für Besteuerungszwecke ablehnenden Argumentation herangezogenen Art. XXV Abs 5 Satz 2 des Freundschaftsvertrags. Zudem stellt der Bundesfinanzhof ausdrücklich klar, dass sich die von ihm herangezogene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Verletzung der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 43 und Art. 48 EGVtr durch die Anwendung der sog Sitztheorie in Zuzugsfällen36 unmittelbar nur auf EU-Mitgliedstaaten auswirke und juristische Personen aus Drittstaaten im Hinblick hierauf keine Gleichbehandlung mit Angehörigen von Mitgliedstaaten einfordern könnten. Anderes gelte für eine US-Kapitalgesellschaft, jedoch nur wegen des in Art. 24 Abs 4 DBA-USA 1989 enthaltenen bilateralen Diskriminierungsverbots. Da wie bereits oben gezeigt weder das Sozialversicherungsabkommen noch der Freundschaftsvertrag für den Bereich des Sozialversicherungsrechts ein dem Art. 24 Abs 4 DBA-USA 1989 entsprechendes Diskriminierungsverbot enthalten, kann keine den vom Bundesfinanzhof für das Steuerrecht gezogenen Folgerungen entsprechende Gleichbehandlung mit EU-angehörigen Personen oder Gesellschaften verlangt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf das weite Verständnis europarechtlicher Diskriminierungsverbote.

Eine Gleichstellung einer US-Kapitalgesellschaft wie der Delaware-Inc. mit einer nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der EU gegründeten Kapitalgesellschaft ist auch nicht aufgrund der nach Art. VII Abs 4 des Freundschaftsvertrags zu gewährenden Meistbegünstigung geboten.

Zwar ist nach der Definition des Begriffs “Meistbegünstigung” in Art. XXV Abs 4 des Freundschaftsvertrags eine Behandlung vereinbart, die nicht weniger günstig ist als diejenige, die unter gleichartigen Voraussetzungen den Staatsangehörigen und Gesellschaften irgendeines dritten Landes gewährt wird. Jedoch gilt das Gebot der Meistbegünstigung, unabhängig von der Frage, ob eine solche Klausel subjektiv-öffentliche Rechte eines einzelnen Bürgers vermitteln könnte37, nicht schrankenlos. Dabei kann das Bundessozialgericht offenlassen, ob er sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht anschließt, wonach der Grundsatz, dass die Meistbegünstigungsklausel eines zweiseitigen völkerrechtlichen Vertrags im Allgemeinen nicht auf das Gemeinschaftsrecht bezogen ist38, auch auf die Meistbegünstigungsklausel des Art. VII Abs 4 des Freundschaftsvertrags anzuwenden ist39 und somit keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung mit Personen oder Gesellschaften aus den Mitgliedstaaten der EU gewährt oder ob sich in Ansehung des Inhalts des im Bundesgesetzblatt nicht veröffentlichten40 Notenwechsels zwischen dem Bundeskanzler und Bundesminister des Auswärtigen und dem Secretary of State of the United States of America vom 29.10.1954 über europäische Integration unter Berücksichtigung der in Art. 31 Abs 2 Buchst b) WVK niedergelegten Grundsätze bezüglich des Freundschaftsvertrags etwas Anderes ergibt. Denn jedenfalls kann aufgrund der Meistbegünstigungsklausel des Art. VII Abs 4 des Freundschaftsvertrags eine Gleichbehandlung mit Staatsangehörigen und Gesellschaften aus anderen Staaten nur bezüglich der Angelegenheiten verlangt werden, die Regelungsgegenstand des Art. VII des Freundschaftsvertrags sind. Wie bereits oben dargelegt, gehören Angelegenheiten der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht hierzu.

Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Januar 2011 – B 12 KR 17/09 R

  1. Abkommen vom 07.01.1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit, BGBl II 1358↩
  2. BGBl 1956 II 488↩
  3. vgl. BSG, Urteil vom 31.05.1989 – 4 RA 22/88, BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; ferner BSG, Urteil vom 19.06.2001 – B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f↩
  4. vgl. zur Entstehungsgeschichte ausführlich: BSG, Urteile vom 27.02.2008 – B 12 KR 23/06 R, BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 19; und vom 9.08.2006 – B 12 KR 3/06 R, BSGE 97, 32 = SozR 4-2600 § 229 Nr 1, RdNr 16 ff↩
  5. BSG, Urteile vom 04.09.1979 – 7 RAr 57/78, BSGE 49, 22, 24 ff = SozR 4100 § 168 Nr 10 S 13 ff; und vom 26.03.1992 – 11 RAr 15/91, BB 1993, 442 f; ferner BSG, Urteil vom 10.12.1998 – B 12 KR 4/98 R, SozR 3-4100 § 168 Nr 23 S 69 m.w.N.↩
  6. i.d.F. von Art. 1 Nr 48 des Gesetzes zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen vom 18.12.1992, BGBl I 2044↩
  7. zur Entstehungsgeschichte vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 12 KR 23/06 R, BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 21↩
  8. BSG, Urteile vom 27.02.2008 – B 12 KR 23/06 R, BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 20 ff m.w.N.; und vom 06.10.2010 – B 12 KR 20/09 R, RdNr 20 ff.↩
  9. BGBl II 567↩
  10. BGBl II 1283↩
  11. BGBl II 86↩
  12. BGBl II 306↩
  13. in Kraft getreten gemäß Bekanntmachung vom 28.06.1956 am 14.07.1956, BGBl II 763↩
  14. vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 12 KR 23/06 R, BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 29 f↩
  15. vgl. Laeger, Deutsch-amerikanisches Internationales Gesellschaftsrecht, Diss. Passau 2008, S 116; Schütterle, Die Inländerbehandlungsklausel in den klassischen Handels- und Niederlassungsverträgen der Bundesrepublik Deutschland, Diss. Heidelberg 1970, S 64↩
  16. Wiener Übereinkommen vom 23.05.1969 über das Recht der Verträge (Wiener Vertragsrechtskonvention – WVK), BGBl II 1985, 927↩
  17. BSG, Urteil vom 26.10.1989 – 12 RK 44/88, BSGE 66, 28, 29 f = SozR 6480 Art. 1 Nr 1; vgl. auch zB BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16.02.2001 – 2 BvR 200/01, DVBl 2001, 796, 797 m.w.N.; und vom 08.11.2006 – 2 BvR 194/05 – BVerfGK 9, 412; BVerwG, Urteil vom 13.12.2005 – 1 C 36/04, BVerwGE 125, 1, 4; BGH, Urteil vom 14.11.1996 – III ZR 304/95, BGHZ 134, 67, 70 f; abweichend zB Laeger, aaO, S 86 ff m.w.N. aus der Literatur↩
  18. vgl. BGBl II 1987, 757↩
  19. BSG, Urteile vom 23.09.2004 – B 10 EG 3/04 R, BSGE 93, 194, RdNr 31 = SozR 4-7833 § 1 Nr 6, RdNr 40; BSG, vom 04.10.1994 – 7 KlAr 1/93 – BSGE 75, 97, 156 f = SozR 3-4100 § 116 Nr 2 S 109; und vom 26.10.1989 – 12 RK 44/88, BSGE 66, 28, 30 = SozR 6480 Art. 1 Nr 1; BVerwG, Urteil vom 13.12.2005 – 1 C 36/04, BVerwGE 125, 1, 4↩
  20. zum Begriff vgl. Art. XXV Abs 6 des Freundschaftsvertrags↩
  21. Bungert, Das Recht ausländischer Kapitalgesellschaften auf Gleichbehandlung im deutschen und US-amerikanischen Recht, Diss. München 1994, S 489; Schütterle, Die Inländerbehandlungsklausel in den klassischen Handels- und Niederlassungsverträgen der Bundesrepublik Deutschland, Diss. Heidelberg 1970, S 22↩
  22. EuGH, Urteil vom 10.07.1986 – 79/85, EuGHE-I 1986-III, 2382, 2387 f. RdNr 15↩
  23. BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 12 KR 23/06 R, BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3 zur Versicherungspflicht eines Mitglieds des Board of Directors einer irischen private limited company und Hauptbevollmächtigten ihrer Zweigniederlassung in Deutschland↩
  24. BSG, Urteil vom 27.02.2008, aaO↩
  25. EuGH, Urteil vom 10.07.1986, aaO↩
  26. EuGH, Urteil vom 09.02.1982 – C-270/80 [Polydor und RSO Records], NJW 1982, 1208, RdNr 16↩
  27. EuGH, Urteil vom 12.11.2009 – C-351/08 [Grimme], EWS 2009, 518 = RIW 2010, 55 = EuZW 2010, 106, RdNr 27↩
  28. so zur Niederlassungsfreiheit nach EU-Recht und Freundschaftsvertrag aus kollisionsrechtlicher Sicht auch Laeger, aaO, S 127 f; Mankowski, EWiR 2003, 661, 662; Stürner, IPRax 2005, 305, 306; aA Paefgen, EWiR 2004, 919, 920↩
  29. BGH, Urteil vom 05.07.2004 – II ZR 389/02, ZIP 2004, 1549↩
  30. BFH, Urteil vom 29.01.2003 – I R 6/99, BFHE 201, 463↩
  31. BGH, Urteil vom 05.07.2004 – II ZR 389/02, ZIP 2004, 1549; unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 05.11.2002 – C-208/00 [Überseering], ZIP 2002, 2037; und vom 30.09.2003 – C-167/01 [Inspire Art], ZIP 2003, 1885; sowie BGH, Urteil vom 13.03.2003 – VII ZR 370/98 – “Überseering II”, BGHZ 154, 185↩
  32. vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2004 – II ZR 389/02, ZIP 2004, 1549↩
  33. BFH vom 29.01.2003 – I R 6/99, BFHE 201, 463↩
  34. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989, BGBl II 1991, 355↩
  35. EuGH, Urteil vom 05.11.2002 – C-208/00 [Überseering], ZIP 2002, 2037↩
  36. EuGH, Urteil vom 05.11.2002 [Überseering], aaO↩
  37. zweifelnd BVerwG, Beschluss vom 05.04.2005 – 6 B 2/05, unter Bezugnahme auf: EuGH, Beschluss vom 02.05.2001 – C-307/99, EuZW 2001, 529, 530↩
  38. BVerwG, Urteil vom 29.04.1971 – I C 7.69, Buchholz 402.24 § 2 Nr 2, S 8 = NJW 1971, 2141 zum deutsch-persischen Niederlassungsabkommen↩
  39. BVerwG, Beschluss vom 05.04.2005 – 6 B 2/05; vgl. auch HessVGH, Beschluss vom 05.02.2004 – 9 TG 2664/03, InfAuslR 2004, 185, 186; in diesem Sinne auch Laeger, aaO, S 131 ff; Schütterle, aaO, S 53↩
  40. vgl. BGBl II 1956, 488 ff↩
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